jeder manager, jedes unternehmen braucht design-thinking. man hat design-thinking als die große neue denkschule präsentiert, aber gibt es einen prozess, der erlernt werden kann?
dieser artikel erschien erstmals in den designaustria-mitteilungen 2-2015 (juni, S. 5ff) ——— danach im designreport 6-2015 unter dem titel: »von fahrern und rennfahrern« (dezember) ———
kochen, so meint man, ist ein prozess. jeder, so glaubt man, kann einem rezept folgen, die exakten mengen an lebensmitteln in exakt gleicher weise miteinander vermischen und in der vorgeschriebenen zeit der vorgesehenen wärmebehandlung zuführen. fertig ist das drei-hauben-menü! wir führen die vorgegebenen schritte aus, würzen mit einem quentchen salz (oder war es eine messerspitze?), braten scharf an und lassen es bei mittlerer hitze ziehen. es schmeckt dann doch anders, oder?
der koch hat zwanzig jahre erfahrung in der profiküche, kennt seine werkzeuge, die eigenschaften der zutaten, kann seinen ofen einschätzen und schafft es mit intuition und kompetenz, aus den jeweiligen ingredienzen ein geschmackserlebnis zu zaubern. der designer macht es genauso. dank seiner erfahrung weiß er, wann wieviel wovon und womit kombiniert werden muss, damit die gewünschten ziele erreicht werden. damit die botschaft, das gefühl, der nutzen stimmen.
design thinking ist kein prozess! es ist eine denkweise. die denkweise der designer.
jeder kann die denkweise der designer erlernen. es gibt ein paar regeln zum einstieg, und dann gilt es zu üben. fünf jahre, zehn jahre, zwanzig jahre. die erfahrung macht’s. freilich hilft einem talent. je nach »natürlicher begabung« lernt man leichter, übt effektiver, versteht früher. als ein für design talentierter mensch wendet man diese »design-denkweise« vermutlich eher an als die kausale, die »manager-denkweise«. das wird wohl der grund sein, warum die einen künstler, musiker oder designer werden und die anderen manager, kaufleute oder techniker.
wolf lotter hat das einmal in einem artikel1 ausführlicher behandelt: einer studie der amerikanischen neurowissenschafterin und psychologin shelley carson von der harvard university zufolge gibt es (verallgemeinernd) zwei gruppen von menschen: die »gestörten« und die »gehemmten«. die einen werden von der kleinsten störung irritiert, von ihrer aufgabe abgelenkt; die anderen können sich gut konzentrieren, können sich vor von außen kommenden störungen abschirmen. die einen sind die schöpfer, die durch ablenkung neues entdecken und mit bekanntem zu kombinieren suchen. die anderen sind eher die umsetzer. die einen tendeziell designer, die anderen tendenziell manager. die kombination beider denker-typen macht den erfolg aus. doch dazu später mehr.
2–1 Designer will man sein.
heute ist es schick, designer zu sein. also macht man sich mit den »tools« für mehr kreativität vertraut. die technischen hilfsmittel erleichtern den zutritt ungemein. wer ein CAD-system, photoshop und indesign bedienen kann, wer etwas html- und css-code beherrscht oder gar java, swift oder c++, der designt. oft gar nicht so schlecht. die hilfsmittel verhelfen schneller zum erfolg, ohne umweg über aktzeichnen, luftpinselakrobatik, sprühklebermontagen, filzstiftrenderings und modellbau.
design thinking kann man lernen! fast so »leicht« wie autofahren. man absolviert einen »design thinking crash course«, zum beispiel jenen von ideo, der an der d.school (auch virtuell)2 durchgeführt wird. nach neunzig kursminuten hat man ein rezept abgearbeitet, hat am eigenen leib erlebt, wie designer oft arbeiten.
ist man danach ein design-thinker? ist man nach der ersten fahrstunde ein rennfahrer? nein. man hat sich aus der unbewussten inkompetenz in die bewusste inkompetenz vorgearbeitet, die begabten vielleicht sogar in eine bewusste kompetenz: man weiß also, wann was zu tun wäre. jetzt gilt es zu üben, erfahrungen zu machen, zu erleben, wie nutzer auf unsere vorschläge reagieren. mit der zeit erreicht man unbewusste kompetenz – die dinge passieren wie selbstverständlich, ähnlich wie man nach 5000 kilometern fahrpraxis die vielen handgriffe beim autofahren durchführt. wir reagieren instinktiv, situationsbedingt führen wir alle notwendigen handlungen durch.
3–1 Berater vs. Designer.
ich empfehle das original des »design thinking crash course«. viele trittbrettfahrer des design-thinking-hypes bieten ähnliche, meist mit unverständnis abgekupferte kurse an. selbst namhafte institute stolpern in die design-thinking-ist-ein-prozess-falle. warum? weil sie keine designer sind. oder weil sie nicht genau hinsehen, hinhören, hinspüren, was den unterschied ausmacht. in unseren designjams beobachten wir den unterschied zwischen »kochen nach rezept« und »kochen können«. berater, die keine designer sind, erkennen offensichtlich den mechanismus nicht und verstellen unbedarft die falschen schrauben. das ergebnis: ein missverständnis im besten fall, unverständnis für design im schlechtesten.
designer, seid mutig! ihr denkt auf eine besondere weise. freilich jeder mit eigener intensität und unterschiedlicher einbeziehung der kausalen denkweise. wenn wir genau hinsehen, dann erkennen wir: unsere denkweise weicht ab von jener der anderen. das ist nicht besser oder schlechter, sondern anders! und das ist gut so. designer, ihr braucht keine design-thinking-ausbildung, um kreativer, innovativer, nützlicher zu sein! schon gar nicht bei unternehmens-, PR-, CX-, UX-etc.-beratern oder bei wissenschaftlern, die nie als designer gearbeitet haben. (über die lehrinhalte bescheid zu wissen ist freilich kein schaden).
wir designer bekommen ein problem genannt, erarbeiten uns die hintergründe (das wahre problem) und ersinnen wege, wie aus einer vorgefundenen ungünstigen situation eine einem ideal nahekommende situation geschaffen werden kann (siehe meine »sechs sätze über design«3). situationsbedingt nutzen oder »erfinden« wir werkzeuge (»tools«) – eben genau jene, die uns helfen, raschestmöglich zum gewünschten ergebnis zu kommen. und immer ist es anders. passt eine definierte vorgangsweise, dann nutzen wir sie, wenn nicht, adaptieren wir sie. ist bloß eine frage der erfahrung. und ist keineswegs loslösbar vom designer.
»was willst du damit, design thinking ist doch nichts neues! das machen wir seit zwanzig jahren so«, ist die typische antwort meiner kollegen seit 2008. beim ersten european design business dialogue 2010 meinte kathryn best (die expertin für design management) noch, das sei eine mode, die in zwei bis drei jahren wieder vergessen sein wird. das war vor fünf jahren! »ja, vermutlich«, war meine damals zögerliche antwort, »doch ist es auch nützlich, weil damit der wert unserer arbeit besser argumentierbar ist.«
das ergebnis unserer missachtung dieses trends: die unternehmensberater haben ihn für sich entdeckt. die mode ist nicht verschwunden, sondern mit falschem verständnis präsenter denn je. unlängst erklärte mir einer jener berater, dass ich mich nicht täuschen solle, denn nur weil »design« im begriff steckt, müsse noch lange kein designer mitwirken. es hätte mit »design« nichts zu tun, es sei ein prozess, ein werkzeugkasten. »design thinker sind keine designer«, meinte er. FALSCH! ein schlimmeres missverständnis kann man sich gar nicht vorstellen. design thinking ist kein prozess, es ist die denkweise der designer, ein »mind-set«, eine geisteshaltung, eine denkart.
5–1 Doch der Hype schafft Design-Interesse.
es hat auch (finanzielle) vorteile für unsere tätigkeit, dass design thinking mit seinen vielen bezeichnungen für die einzelnen aspekte unserer tätigkeit jetzt en vogue ist. der designer ist künstler und unternehmer zugleich. oft ist der künstler in uns stärker als der unternehmer und übernimmt einen auftrag, der für den unternehmer zu niedrig bezahlt, doch für den künstler ein tolles projekt ist. das argumentarium der designer ist nicht so mächtig wie jenes der verkäufer. durch diesen neuen begriff für tätigkeiten, die generationen von designern seit loewy immer schon durchgeführt haben, werden unsere leistungen nun endlich leichter verrechenbar.
woher kommt design thinking? am beginn des 21. jahrhunderts erschien ein buch von tom kelley: »the art of innovation«. darin beschreibt er ideos erfolgsrezept. es besteht in keinem konkreten prozess, sondern in einer haltung, einer scheinbar chaotischen, aber situationsoptimierten vorgangsweise. für uns designer eher eine bestätigung als eine neuigkeit. zur gleichen zeit erfuhren wir in einem video vom shopping cart experiment für die ABC nightline,3 in dem david kelley sagt: »it is not organized, it is focused bias«,5 und david skillman erklärt: »enlightend trial & error succeed the planing of the lone genius«.6 obwohl kelley am anfang des videos erklärt, dass die leute von ideo (also wir designer) keine experten auf bestimmten gebieten wären, sondern experten im anwenden eines prozesses, wie man »zeug entwirft« (»how to design stuff«), meint er damit – hermeneutisch richtig gedeutet – deren denkweise als vorgangsweise, analog zum haubenkoch aus abschnitt eins. »prozess« meint die art, wie wir neues entdecken und produkte (also gegenstände, prozesse und dienstleistungen) verbessern. für einige zeit warben die ideo-leute damals auf ihrer website sogar damit, dass ihr prozess »gar kein prozess« sei. es sei eine andere art zu denken. in der realen umsetzung wird diese wohl als prozess im sinn einer reihenfolge von handlungen durchgeführt. man könnte also sagen, es ist eine art prozess, der von prozessexperten (den kausal denkenden managern) nicht als prozess erkannt wird. im unterschied zum main-stream-verständnis ist hier die reihenfolge und auch der umfang einzelner schritte je nach situation und aufgabe unterschiedlich (auch tom kelley verweist in den ersten sätzen seines buches darauf). vermutlich deshalb erscheint diese vorgangsweise außenstehenden als chaotisch und wenig organisiert. es ist eine vorgangsweise, die eine flexible adaption an die gegebenen umstände erlaubt und sich dem sich laufend verändernden wissensstand anpasst. wenn manche berater nun von einem definierten prozess sprechen, dann sprechen sie von etwas anderem und geben zu erkennen, dass sie den kern von design thinking nicht verstanden haben.
tim brown, der aktuelle CEO von ideo, bestätigt unsere interpretationen. in seinem buch »change by design« von 2009 lesen wir, dass design thinking mit fähigkeiten beginnt, die sich designer (!) über jahrzehnte angeeignet haben, indem sie versucht haben, menschlichen bedarf mit verfügbarer technik innerhalb eines kaufmännischen rahmens zu erfüllen. er erklärt weiter, dass er gerne ein einfaches erfolgsrezept zur verfügung stellen würde, aber dass die natur von design thinking dies unmöglich mache. die denk- und vorgehensweise eines design thinkers (eines designers) ist (im allgemeinen) total anders als die eines nicht-designers. designer beobachten auch den boxenstopp eines indy-500-rennwagens, wenn es darum geht, die notaufnahme eines spitals neu zu gestalten. brown stellt klar: im gegensatz zur klassischen induktiven und deduktiven schlussfolgerung ziehen designer (design thinker) ergänzend auch abduktive schlüsse (vgl. charles sanders peirce).
6–1 »Design-Thinking als Methode« heisst »Lateral Thinking«.
will man diese vorgangsweise unbedingt als klar definierte methode verstehen, dann heißt sie: »laterales denken«. es handelt sich um ein modell aus den 1960ern von edward de bono. die von ihm beobachteten beschriebenen merkmale des »seitwärts-denkens« entsprechen eben jenen, die auch im denken des designers erkennbar sind: information wird subjektiv bewertet und selektiv verwendet, details werden intuitiv und nicht analytisch erfasst, gedankensprünge und assoziationen zugelassen, entscheidungen in schwebe gehalten, unmögliches wird vorerst erlaubt, konventionelles denken in frage gestellt und ausgangssituation und rahmenbedingungen werden als veränderbar angenommen. wenn wir uns also auf eine wissenschaftliche basis für dieses »superwerkzeug für innovation« berufen wollen, dann ist es das modell de bonos. doch auch er beschreibt nur jene mechanismen, die designer und andere schöpferisch tätige menschen anwenden, die er beobachten kann! designer denken seitwärts. das gelingt leicht, weil der designer oft ein außenstehender berater ist. designer können sich eine »kultivierte naivität« leisten, dürfen nach dem »warum« fragen. auch dann, wenn die frage »dumm« erscheint, verliert ein designer nicht sein gesicht. diese (scheinbar dumme) warum-frage kann allerdings den entscheidenden hinweis zur lösung freilegen.
roger martin erkannte auch die nachteile dieser vorgangsweise. um diese zu kompensieren, gründete er den lehrgang »business design« an der rotman school of management (siehe martins buch »design of business«, 2009). und das kam so: 2005 trafen david kelley, roger martin und patrick whitney auf einladung von claudia kotchka, damals vice president for design and innovation bei procter & gamble, zusammen. es ging um die übertragung der bei ideo gesehenen denk- und vorgangsweise auf den kommerziellen alltag. man erkannte, dass das zweigespann von designer und manager der schlüssel zur lösung ist. nicht die verwandlung von managern in designer, sondern die nutzung ihrer denkweise im geschäftsalltag durch die kombination beider denktypen. martin begründete rotman design works7 mit dem ziel, studierenden beizubringen, komplexe herausforderungen in der geschäftswelt mittels einer fachdidaktik namens »business design« zu lösen und »neue erfolgsstrategien« zu entwickeln.
david kelley berichtet in einem artikel in »fast company«,8 dass es ihm immer schwer fiel, seinen klienten zu erklären, was sein unternehmen tatsächlich macht: »so wie ein fisch nicht weiß, dass er nass ist. wir erkannten nicht, dass unser wahrer beitrag darin bestand, dass wir anders dachten als die unternehmen, für die wir arbeiteten. und wenn sie so dachten wie wir, dann hatten sie wirklich eine menge vorteile.« in einem gespräch mit tim brown 2003 hatte kelley die erleuchtung: statt von »design« zu sprechen, nannte er seine denkweise »design thinking«. das machte sinn, nun war er experte für eine methodik und nicht bloß ein kerl, der neue stühle oder autos entwirft.
martin, kelley, whitney und kotchka erkannten also den vorteil der verbindung beider denkweisen: design thinking soll nicht anstatt sondern zusammen mit kausalem denken eingesetzt werden. das ist das erfolgsrezept: eine person denkt kausal und organisiert, die andere denkt lateral, chaotisch, irrational. und in der tat können wir in unseren designjams beobachten, dass heterogene teams deutlich schneller zu besseren ergebnissen kommen. während die kausal denkenden planen und den plan immer wieder verfeinern (in der abbildung unten »manager«), reißt es die anderen von einer »genialen« idee zur nächsten, werden neue querbezüge hergestellt, die eine neue chance eröffnen, die in kombination mit der ersten idee eine neue großartige lösung zulassen (in der abbildung unten »designer«). kombiniert man diese beiden denkmuster und dynamiken, erhält man eine innovationsmaschine: business + design = erfolg (in der abbildung unten »designer mit manager«).
die frustration des designers im berufsalltag rührt aus seiner art zu denken. oft geht man abends heim in dem glauben, kaum einen schritt vorwärts gekommen zu sein. der designer weiß nicht immer, wo genau er im »designprozess« steht – im ersten drittel, kurz vor abschluss, in der mitte. der erfahrene designer lässt sich davon nicht beunruhigen, denn er weiß, das gehört dazu, das ist seine denkweise. doch am nächsten tag könnte es sein, dass ein strich genügt, und die lösung ist gefunden. in diesem moment dreht man sich (bildlich gesprochen) um und sieht den prozess in seiner pracht. ganz klar ist erkennbar, wann was passiert ist, und alles ist logisch. erst ab diesem moment wird das design thinking (für das konkrete projekt) als linearer prozess sichtbar. wir orten genau das als ursache für das missverständnis, denn die wissenschaft, die design thinking untersucht, betrachtet die beispielprojekte immer aus dieser position, am ende eines projekts. selbst wir designer diskutieren unsere vorgangsweise aus dieser position heraus, dokumentieren sie immer erst am ende, im rückblick auf die entwicklung einer abgeschlossenen arbeit. aber wenn man sich während der arbeit, mitten im entwurfsprozess, beobachtet und darüber reflektiert, dann sieht design thinking so aus. bei weitem kein double diamond – der zeigt sich wie gesagt erst am ende des projekts (siehe nachfolgende abbildung: design thinking im double diamond).
ist design thinking ein »tool set«, eine sammlung an methoden? nein! es ist allerhöchstens eine sammlung von schnappschüssen (ausschnitten) der denkweise der designer. designer verwenden selten ein werkzeug exakt nach definition von A bis Z, sie nutzen oft nur ein segment eines werkzeugs, kombinieren es mit einem fragment aus einem anderen. sie nutzen teile von methoden je nach notwendigkeit. der manager hingegen wählt ein tool aus, schlägt nach, wie es funktioniert, und richtet den gesamten »prozess« auf das tools aus, auch wenn er sich damit dem aufgabenziel nicht unbedingt annähert.
design ist ergebniszentriert. es gilt, alles zu tun, um schnell (!) ein ergebnis zu erzielen. ein designer lässt sich nicht von methodiken bremsen, schon gar nicht, wenn sich bereits lösungsansätze zeigen. bei vielen aufgabenstellungen ahnt man schon beim briefing, was zu entwickeln sein wird, zeichnen sich erste ideen ab. im versuch lernen wir und kommen so schneller und vor allem treffsicherer zum tatsächlich benötigten endergebnis.
es gibt keine expliziten »design-thinking-methoden«. es gibt bloß »methoden«, und manche davon wenden designer an. wenn »service safari« eine design-thinking-methode ist, warum nicht auch »world café« oder »open space technology«? müssten wir dann nicht auch »zeichnen« dem methodenkoffer hinzufügen? lächerlich! wo soll man die grenze ziehen? und wozu? sprechen wir doch von methoden, die man im kreativen arbeiten, im entwickeln neuer, zuvor noch nie gedachter lösungen anwendet! in einer art und weise, die mit viel empathie angereichert ist und intuition (= erfahrung) erfordert. design thinking ist eine arbeitsweise, die designer beisteuern können.
man hat design thinking als die große neue denkschule präsentiert. und eine menge berater, meist aus dem dunstkreis »business coach« und »PR consultant«, präsentieren sich als jene, die einem diese denkweise beibringen. als designer wundern wir uns über diesen hype, denn diese denkweise wenden wir seit generationen an. gemeinsam mit all den anderen menschen, die in der kreativwirtschaft arbeiten. man erzählt uns also nicht wirklich neues. das neue an diesen »werkzeugen« sind die namen, die ihnen diese findigen berater gegeben haben.
jetzt ist es aber nicht so, dass ich sage, das ist alles humbug. ganz im gegenteil: jeder manager braucht design thinking, jedes unternehmen ist bestens beraten, design thinking zu integrieren. aber nicht, indem die manager beginnen, wie designer zu denken, sondern indem die manager die kreativen dazuholen – als »sparring partner«. die vielen befürworter dieser neuen mode/methode vergessen, dass es nicht darum geht, aus managern designer zu machen, sondern darum, managern klarzumachen, dass die denkweise der designer eine ideale ergänzung ihrer eigenen darstellt. die kombination von sprunghaftem, chaotischem, kollaborativem und effektualem denken mit kausalem, ordnendem und strukturiertem denken ergibt das erfolgsrezept, das mancherorts auch als »business design« bezeichnet wird. der manager beschäftigt sich mit design thinking, um diesen »verrückten« designer zu verstehen, und nicht, um ihn (meist schlecht) zu imitieren.
unternehmen, die design in ihren alltag integrieren, werden erfolgreicher sein als unternehmen, die das nicht tun (siehe studien von british design council, SVID, dmi etc.). diese unternehmen sind näher am kunden. sie nutzen die empathischen fähigkeiten des designers, denn dieser kann sich einem chamäleon gleich an die zielgruppe anpassen und deren wünsche erahnen, verbalisieren und umsetzen. warum er das besser kann als der manager? weil sich der designer die eingangs erwähnte »kultivierte naivität« leisten kann und nicht auf »shareholder value« achten muss. er kann ketzerische fragen stellen und damit verkrustete informationsblöcke aufbrechen. er kann neue ideen evozieren, deren evaluierung dann aber die strukturierte und besonnene und auf ihre art ebenfalls kreative denkweise der techniker und manager braucht. den unternehmern rufe ich zu: nutzt design thinking, aber denkt wie ein manager! engagiert euch einen designer als »sparring partner«! wendet design an!
im übrigen bin ich der meinung, dass designen zentraler bestandteil jeder unternehmensstrategie sein muss.
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1 wolf lotter, »die gestörten«, in: BRAND EINS 05/07, S. 52.
2 http://dschool.stanford.edu/dgift/
3 http://designthinkingtank.at/6-saetze-ueber-design
4 www.youtube.com/watch?v=M66ZU2PCIcM
5 fußnote 4 bei minute 4:55
6 fußnote 4 bei minute 5:11
7 www.rotman.utoronto.ca/FacultyAndResearch/EducationCentres/DesignWorks/About.aspx
8 www.fastcompany.com/1139331/ ideos-david-kelley-design-thinking